Haltlos.

Sie geht durch die Strasse, beschleunigt ihren Schritt. Sie rennt. Ziellos, atemlos. Sie rennt, als ob sie um ihr Leben rennen müsste. Vielleicht muss sie das auch. Vielleicht hilft ihr das Tempo auch ihre Änste und die Traurigkeit nicht wahrnehmen zu müssen. Alles zieht an ihr vorbei, sie erkennt nur die Umrisse, nur die Schatten […]

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Unter dem Strich.

Unter dem Strich sind wir alle gleich. Unter dem Strich gehts mir gut. Unter dem Strich sind wir zufrieden. Wer entscheidet darüber, wie die Koordinaten dieser imaginären Linie sind? Das Leben, es spielt sich nicht unter dieser Linie ab. Die endgültige Rechnung wird erst am Schluss gemacht. Wir leben über dem Strich. Und über dem […]

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Wegweisend sein.

Die Richtung wird durch jeden gemachten Schritt vorgegeben. Ein Fehltritt ändert noch nicht die Koordinaten. Was nützt es, den Weg mit schnellen Schritten zu begehen. Die Müdigkeit setzt auf halber Strecke ein, all die Dinge am Wegrand sind viel zu schnell vorbei. Man fällt hin, immer und immer wieder. Die Beine mögen dem Tempo schon […]

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Versunken sein.

Er steht vor ihr, sieht ihr direkt in die Augen. Und doch, er kann nichts darin lesen. Ihre Augen, sie erzählen keine Geschichten, erzählen nichts von ihren Gedanken. Wenn er eintauchen könnte in ihre Gedankenwelt, er würde sich so lange unter Wasser halten, bis ihn der fehlende Atem zum Auftauchen zwingen würde. Keine Sekunde vorher. […]

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Leer sein.

Sie steht in der Küche. Es ist dunkel. Nur die Strassenlaterne lässt einen Lichtstrahl durchs Fenster. Sie steht da. Alleine. Verloren. Der Kühlschrank ist gefüllt mit Dingen, welche die Leere nicht wett machen können. Selbst dann nicht, wenn sie wollte. Die Erinnerungen sind schmerzhaft. Es waren da die Momente im sanften Kerzenlicht an der reich […]

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Beraubt worden sein.

Sie flüchteten, liessen ihren Grund und Boden zurück. Es herrschte Krieg. Das Land gehört ihnen noch, der Krieg ist vorbei. Doch sie werden abermals vertrieben. Ihre Existenz, ihr zu Hause müssen Grösserem weichen. Sand, so fein wie Puderzucker und im türkisblauen Meer hinterlässt die Sonne ihren Glanz. Ein Paradies. Und dieses Paradies soll den Reichen […]

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Naturgewaltig sein.

Sie fliegen über Wiesen und Täler, Seen und Berge. Sie sehen nicht, wie die Spitze des Berges weiss in den Himmel ragt, sie riechen auch nicht das saftige Gras auf den Wiesen. Selbst die magischen Wasserfälle bleiben unbemerkt. Ihr Ziel steht fest: nur eine weitere Stadt, nach all den Dörfer und Städten, die nun nicht […]

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Im Moment sein.

Die Zeit, sie heilt nicht alle Wunden. Die Trauer, sie ist nicht einfach weg, je mehr Jahre verstreichen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, türmen sich die Gefühle auf. Bilder und Gerüche nehmen die Gedanken gefangen. Sie legen sich aber nicht, wie eine weiche Decke über einen. In diesen Momenten sind es Schatten, die den hellen […]

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Eingefroren sein.

Sie sind sich nah. Nur ein paar Schritte und sie könnten sich halten. Festhalten. Aneinanderhalten. Doch sie stehen da schon zu lange. Haben darauf gewartet, bis der andere einen Schritt vorwärts machen würde. Die Schritte blieben aus, Schnee und Eis sind gekommen. Sie hielten sich zu fest an ihren eigenen Wurzeln fest, haben jedes Anzeichen […]

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Kriegerisch sein.

Sie hat noch nie einen Krieg miterlebt, stand dennoch oft genug zwischen den Fronten. Es wurde noch nie eine Waffe gegen sie gerichtet, verletzt wurde sie trotzdem. Es braucht keine Waffen, um ein Krieg zu führen. Es braucht nicht einmal einen Krieg. Menschen schaffen es auch so, Feindbilder zu erzeugen, sich gegenseitig einen Kampf zu […]

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Am Boden sein.

Sie sitzt auf dem Sofa und betrachtet ihre Hände. Sie sind alt geworden, zeugen von den Dingen der Zeit. Wie oft hat sie diese Hände jemandem gereicht, wie oft wurden sie ergriffen. Wie oft, wurden sie zärtlich liebkost. Nur selten wurden sie losgelassen, noch seltener weggestossen. Doch in diesem Moment misslingt es ihr diese Pole […]

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Im Meer des Vergessens sein.

In ihrer rechten Hand trägt sie einen roten Regenschirm, in ihrer linken einen leeren Koffer. An beidem klammert sie sich fest. Vielleicht treibt sie ihre fortwährende Angst, dass sie jemand bestehlen könnte dazu. Vielleicht aber auch geben ihr diese Dinge in diesem einen Moment Sicherheit und Halt. Sie liess sich nicht davon abbringen Regenschirm und […]

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Bodenlos sein.

Sie lief schon seit Monaten, immer tiefer in den endlos sich hinziehenden Wald. Die letzte Lichtung lag weit zurück. Sie ging immer weiter. Ziellos, planlos, doch frei war sie nicht. Die schmerzenden Füsse spürte sie kaum mehr, auch nicht die zerkratzen Arme und auch nicht die ausgetrocknete Kehle. Nur der Hunger und die endlose Sehnsucht […]

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Versteckt sein.

Das Lachen der Kinder ist unüberhörbar. Sie zählen laut bis zehn, rennen los und suchen jeden Winkel ab. Sie hat als Kind gerne Verstecken gespielt, hat sich die besten Schlupflöcher ausgesucht und wurde immer als Letzte gefunden. Das Spiel ging weiter, doch mit den Jahren wurde sie mit der Wahl ihrer Verstecke nachlässiger. Gefunden wurde […]

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Wertlos sein.

Ich gebe dir mein Wort. Es über die Lippen zu bringen fällt mir auch gar nicht schwer. Mein Wort, es ist ein Geschenk an dich. Hübsch verpackt mit Schleife. Doch irgendwann werde ich zurückfordern, was mir einst gehört hat. Ich werde mein Wort brechen, es in tausend Stücke reissen. All die Worte und leeren Versprechungen, […]

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Bedrohlich sein.

Die Brücke, sie droht einzustürzen. Das Knarren unter ihren Füssen wirkt bedrohlich. Doch sie fühlt sich nicht bedroht. Jedenfalls nicht von der alten, morschen Brücke. Denn sie, sie versucht ihr Bestes. Versucht jedem Unwetter stand zu halten. Versucht zu tragen und den Gang über das Gewässer sicher zu machen. Selten sagt jemand Danke. Selten kommt […]

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Versteckt sein.

Der Hügel verschluckt die Sonne Stück für Stück, bis sie allmählich ganz verschwindet. Die Nacht bricht herein. Er mag die Dunkelheit nicht. Er fürchtet sich. Doch es war nicht immer so. Sie hatten sich schon vor Stunden auf den lehmigen Boden zum Schlafen gelegt, dann kamen sie. Der Himmel über dem Dorf war hell erleuchtet. […]

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